Feuersbrünste: Stete Gefahr für mittelalterlicher Städte

Die Vorbeugung:

Im mittelalterlichen Städtebau stellte Holz lange Zeit das vorherrschende Baumaterial dar. Fachwerkbauten, Häuser deren Dächer aus Stroh, Schilf oder Holzschindeln bestanden, beengtes Platzangebot - alles das war bis weit ins 16. Jahrhundert hinein Bestandteil der gängigen städtischen Bauweise - insbesondere in Vierteln, in denen die ärmere Bevölkerung angesiedelt war. In einer Zeit der offene Feuerstellen, Schmiedeessen und Backöfen, der Laternen, Kerzen und Fackeln und steigender Bevölkerungsdichte bedeutete dieser Umstand eine stete Gefahr für verheerende Großbrände - wie die vielerorts überlieferten Stadtchroniken nachdrücklich zeigen.

So musste beispielsweise alleine Wien in den knapp 80 Jahren zwischen 1252 und 1330 neun größere Brandkatastrophen über sich ergehen lassen; jene von 1276 soll dabei angeblich gerade einmal 100 Häuser verschont haben. Aber noch 1525 fielen weite Teile der Stadt den Flammen zum Opfer - man berichtet davon, dass 400 Häuser betroffen gewesen wären. Lübeck, Straßburg, Basel sind nur einige weitere Städte, die besonders häufig und stark von Bränden in Mitleidenschaft gezogen wurden.

In Folge dieser immer wiederkehrenden (Groß-)Brände versuchten die Kommunen, die Brandgefahr durch eine steigende Anzahl von Verordnungen und Erlässen einzudämmen - was, man siehe den Fall Wien, das Unglück nicht immer verhindern konnte. Daher betrafen diese Verordnungen einerseits vorbeugende Maßnahmen zur Feuerverhütung, andererseits die Brandbekämpfung selbst. Eine der ältesten uns bekannten Feuerverordnungen, jene von Meran, reicht ins ausgehenden 11. Jahrhundert zurück, doch ist durchaus anzunehmen, dass viele andere Städte ähnliche Vorschriften kannten - wenn uns diese auch nicht schriftlich überliefert sind.

Wie versuchten also die städtischen Obrigkeiten der Brandgefahr zu begegnen? Eines der Hauptprobleme war wie bereits erwähnt das großflächig verwendete, leicht entflammbare Bau- bzw. Dachdeckmaterial. Dies durch feuerfestere Stoffe zu ersetzen musste also ein Ziel sein - welches aber durch den hohen Kostenfaktor für die dazu nötige Ziegelabdeckung lange Zeit nur einer priviligierten Bevölkerungsschicht möglich war. Dies versuchte man durch Vorschriften und - man höre und staune - mancherorts auch durch Förderungen voranzutreiben.

Vielfach waren aber die hölzernen (Fach-)werkhäuser gar nicht in der Lage eine schwere Ziegelabdeckung zu tragen - eine solche konnte dann allenfalls nach einem erfolgten Neubau aufgelegt werden; so schrieb etwa Nürnberg im frühen 14. Jahrhundert seinen Bürgern bei empfindlicher Geldbuße vor, dass Neubauten grundsätzliche in Ziegel oder Lehm zu halten wären.

Vielerorts wurden 'baupolizeiliche' Verordnungen und Regelungen erlassen - wer also meint Gesetzes- und Regulierungswahn wären eine moderne Erfindung, der irrt -, welche einerseits ein gedeihliches Zusammenleben fördern oder der städtischen Optik dienen sollten, andererseits sehr wohl aber auch der Brandvorbeugung dienen konnten. So sollte die Begerenzung auf eine Höhstanzahl von Stockwerken und eine maximale Bauhöhe und das Verbot von (zu weit) überkragenden Stockwerken (Raumnot lässt grüßen!) insbesondere in engen Gassen hinreichend Lichteinfall auch für die Nachbarn sicherstellen.

Klar aber auch, dass eine derart enge Bauweise, mit vorragenden Obergeschossen, angebauten Außentreppen und Schornsteinen, hölzernen Hofgalerien, das Übergreifen von Bränden erleichterte, die Feuerbekämpfung hingegen erschwerte. So wurden Kommissionen ('Geschworene') gebildet, die Aufstockungen, Zubauten, Häuserteilungen im Hinblick auf die gegebenen Vorschriften zu beurteilen hatten - und nicht selten Rückbauten und Abrisse verhängten.

Mit der zunehmenden Bevölkerungsdichte, dem sich differenzierenden Handwerk in den wachsenden Städten - und nicht zuletzt aufgrund leidvoller Erfahrungen - trafen die Kommunen aber auch abseits der verwendeten Baumaterialien immer umfangreichere vorbeugende Maßnahmen zur Verhinderung von Feiersbrünsten. Diese Maßnahmen konnten lokal durchaus unterschiedlich ausfallen beziehungsweise formuliert sein, zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt erfolgen, jedoch lässt sich dabei in jedem Fall ein einheitlicher Trend feststellen - bedingt durch das gleiche zugrundeliegende Problem städtischer mittelalterlicher Lebensweise.

Kochen, Backen, Schmieden - die offenen Feuer waren ein steter Quell der Gefahr. So versuchte man Gewerbebetriebe, die naturgemäß mit Feuer zu hantieren hatten, zu besonderer Vorsicht zu zwingen oder sie gar an die Stadtränder beziehungsweise vor die Stadt zu verlegen, was etwa im Fall der Schmieden durchaus den Nebeneffekt erhöhter Lebensqualität, weil weniger Lärmbelästigung, für den Stadtbewohner mit sich brachte. Die Leinenweber hatten den Flachs ausßerhalb der Stadt zu rösten, ebenso die Bierbrauer ihren Hopfen ...

Glocken fanden Verwendung, um dem mittelalterlichen Menschen Zeiten, Vorkommnisse und Ereignisse zu signalisieren. Vielerorts auch jenen Zeitpunkt am Abend, nach dem - bei Strafe - kein Schmied mehr Feuer mehr in der Esse haben sollte, ebenso die Bäcker nicht in ihren Backöfen. Auf den hohen Türmen (der Kirchen) wurden Wächterstuben eingerichtet, wobei die Hauptaufgabe der Turmwächter in der frühen Erkennung von Bränden bestand; durch die Gassen und Straßen patrouillierende Nachtwächter hatten das Löschen aller Lichtquellen - außer solche in feuersicheren Laternen - zu überwachen. Mancherort wurden Feuermauern errichtet, Häuser mit Zinnenbewehrung versehen, vielfach durch den Landesherrn oder die Kommune gefördert - beides Maßnahmen, um die Ausbreitung von Bränden zu hemmen.

Seit 15. Jahrhundert wurde auch dem Fegen der Schornsteine erhöhte Aufmerksamkeit zuteil, waren doch die Rauchfänge, die in unseren Breiten ursprünglich in Holzbauweise gefertigt oder aus Flechtwerk, mit Lehm überzogen, mehrfach Ursache für das Ausbrechen von Bränden gewesen. Der neue Beruf des 'Rauchlochfegers', auch 'Schluffeger' entstand - dass uns der Rauchfangkehrer als Glückssymbol fürs neue Jahr gilt, wird aus diesem Zusammenhang verständlich ...

Wir haben bereits erwähnt, dass Dächer in feuerfesterer Ausfertigung - Ziegel, Schiefer - überaus teuer, ja deshalb nachgerade ein Statussymbol darstellten, und dass breite Bevölkerungsschichten gar nicht in der Lage waren diese Kosten oder auch die für gemauerte Schornsteine zu übernehemn - darum Ländesherren und Räte mit Förderungen und Vergünstigungen nicht sparten, soferne solche feuerfesten Materialien verwendet wurden. Dies konnte sich in einer Teilübernahme der Kosten, durch kostenlose Bereitstellung eines mehr oder weniger großen Teils des benötigten Materials oder durch Steuerbefreiungen für eine gewisse Zeit manifestieren. Ein netter Zug der damaligen Obrigkeiten, wie wir übrigens meinen.

Und was, wenn das alles nichts half? Wenn dann trotzdem passierte, was man zu verhindern hoffte? Die Maßnahmen, die man zur direkten Brandbekämpfung setzte und warum sie nicht immer erfolgreich waren, darüber wollen wir euch im zweiten Teil berichten ...

Quelle: http://www.saelde-und-ere.at/Hauptseite/Wissen/Wissen.html#Stadt03

Bekämpfung

Zuletzt berichteten wir im ersten Teil der Artikelserie von der Flut jener Vorschriften und Verordnungen, mit denen die mittelalterlichen Städt der immer wieder auftretenden, häufig verheerenden Brände Herr zu werden versuchten.

Wir hörten von Bauvorschriften, von Förderungen für die Verwendung feuerfester

Dachabdeckungen und von teils empfindlichen Strafen - und davon, wie dies alles dennoch immer wieder seinen Zweck verfehlen konnte.


Wen wundert's? Lag doch das Hauptproblem einerseits in der damaligen Bauweise und den - gelinde gesagt, beschränkten - Vermögensverhältnissen eines großen Teils der Stadtbevölkerung begründet, die eine teure Steinbauweise und Ziegelabdeckung unmöglich machten. Wir haben bereits besprochen, wie versucht wurde, dem entgegenzuwirken. Dennoch blieb Holz und blieben leicht entflammbare Materialien bis weit in die Neuzeit hinein ein vorherrschendes Element in der Stadt - man denke nur an Hamburg und andere norddeutsche Städte mit ihren vielen Fachwerkbauten.

Andererseits bedingte die Lebensweis eine stete Gefahr für die Entstehung von Bränden: Technologiebedingt war man damals auf offene Feuerstellen angewesen, sei's nun im Handwerk oder auch zur Bereitung des täglichen Mahles. Und da scheint es mit dem Bewusstsein für die Gefahren nicht immer weit her gewesen zu sein, wenn man die Maßnahmen der Kommunen als Maßstab dafür heranzieht.


Von den immer wieder ausgesprochenen Vorschriften und Verboten haben wir bereits gesprochen - gefruchtet haben sie, so scheint es, nicht (immer). Wie sonst können wir uns erklären, dass manche Räte Spitzelposten installierten, also Bürger dazu anwarben, in dieser Funktion unerkannt und unverfänglich die Straßen und Häuser der Stadt abzugehen und dabei auf Einhaltung solcher Vorschriften wie 'Feuer aus' nach der Abendglocke zu kontrollieren. Gemeldet wurden die ertappten schwarzen Schafe dann nächtens beim Rat - schließlich sollten die Spione unerkannt bleiben. Ein Teil der Strafen, die aus den erspähten Verfehlungen eingehoben wurden, standen dann dem Informanten zu ... gewiss ein Anreiz.


Handeln nach dem Motto 'Vorbeugen ist besser als Brennen und Jammern' also. Trotzdem, vielfach half das alles nichts - und nicht immer musste die Nachlässigkeit der Bürger Schuld daran sein. So erzählen uns Chroniken von Blitzschlag und Erdbeben als Auslöser verheerender Feuersbrünste, aber auch von absichtlichen Brandstiftungen.

Was aber waren nun die konkreten Maßnahmen, wenn's wirklich wieder einmal dazu kam? Nun, so vielfältig und unterschiedlich die mittelalterlichen Städte waren, so unterschiedlich konnten auch die entsprechenden Vorkehrungen und Verordnungen aussehen (räumlich und zeitlich betrachtet), die man für den Fall der Fälle getroffen und erlassen hatte. Daher im Folgenden nur eine beispielhafte Aufzählung ...


Die Kommunen begannen vermehrt öffentliche Brunnen zu graben, (Lösch-)Teiche anzulegen und Bachläufe umzuleiten - Maßnahmen, die nicht nur der besseren Brandbekämpfung dienten, sondern jedem Bürger und den Gewerbebetrieben im tagtäglichen Leben zustatten kamen.

Wir lesen von Abmachungen, die den Müller vor der Stadt verpflichten, im Falle des angeschlagenen Feuersignals, die Schleuse zu öffnen, um mehr als den gewöhnlichen Zufluss hinter die Stadtmauern zu leiten oder von Mahnungen, stets einen gefüllten Trog oder Eimer neben Feuerstellen bereitzuhalten (unser Weihnachtsbaum lässt grüßen!).

Mit der technischen Ausrüstung sah es schlecht aus: (Lederne) Eimer und wohl auch Löschketten waren die Hauptwerkzeuge, die zur Verfügung standen, vereinzelt meint man auch schon, primitive, mit Muskelkraft betriebene Spritzen (deren Erfindung ja in die Antike zurückgeht) im Einsatz vermuten zu können. Und natürlich auch alles an Werkzeugen, das half, brennende Teile oder hölzerne Häuserzubauten, wie Balkone und Außentreppen, rasch niederlegen zu können, um so ausreichend Abstände und Schneisen zu schaffen.


Und wer war für die Bekämpfung zuständig? (Die Feuerwehr, wir wir sie kennen, gab es nocht nicht.) Die Bürgerschaft war's; wie Militärdienst im Falle eines Angriffes auf die Stadt zu den Aufgaben der Bürger zählte, so auch die Brandbekämpfung - dies konnte aber von Fall zu Fall, von Stadt zu Stadt in unterschiedlichem Maß gefordert und organisiert sein.

Wir lesen davon, dass Neubürger sich beim Ablegen des Bürgereides unter anderem verpflichten mussten, einen Ledereimer für den Haushalt zu erwerben. Merans Feuerlöschordnung von 1317 schreibt Feuerhaken und Äxte zum Niederreissen der Häuser vor, andernorts (Augsburg) verlangte man Leitern,Feuerhaken, Schöpfgefäße, lederne Zuber und Eimer und Stangen. Um die Beförderung der Wasserbehälter zu erleichtern, waren an öffentlichen Brunnen spezielle Gestelle, sogenannte 'Schleifen' anzuschließen ...


Ab dem 14. Jahrhundert begannen die Städte auch zu regeln, wie denn die konkrete Brandbekämpfung stattzufinden hätte. Häufig war dabei die Brandbekämpfung auch speziellen Innungen und Zünften zugedacht, häufig jenen Handwerkern, denen man von Berufs wegen am ehesten zutraute, mit Feuer umgehen zu können. In Köln waren etwa die Zimmerleute, die Steinmetzen, die Schmiede und die Dachdecker mit speziellen Aufgaben betraut.

Im Baumeisterbuch des Nürnberger Baumeisters Endres Tucher lesen wir von der Nürnberger 'Feuerordnung' und davon, dass im Brandfalle Zimmermeister und Steinmetzmeister mit ihren Gesellen zum Brandschauplatz eilen mussten, mit ihren Beilen und Äxten, während die Bader ihre Kufen (also Tröge) mitzubringen hatten. Nach 'Brand aus' sollten Gesellen noch bis zum Morgenanbruch Feuerwache halten, um ein ein Neuaufflackern des Brandes zu verhindern.

Und wie sorgte man dafür, dass wirklich alle Helfer raschestmöglich am Brandherd erschienen - schließlich tat Eile gerade beim Ausbruch eines Feuern not! - und nicht der eine oder andere den Kollegen das gefährliche Geschäft überließ? Durch Wächter und Wächterstuben! Glockensignale! Und durch die Entlohnung, die Meister und Gesellen für ihren Einsatz nach dem Brand erhielten.

Die erfolgte aber nicht pauschal, sondern, wie etwa in Wien, Leipzig oder eben Nürnberg, in Form eines gestaffelten Prämiensystems, das denjenigen, der zuerst vor Ort war, belohnte. Jene, die dennoch und über Gebühr säumig waren, mussten mit schweren Strafen rechnen (wie übrigens auch die Bewohner jener Häuser, in denen das Feuern durch Eigenverschulden ausgebrochen war).


Wer in Nürnberg zuerst mit seinem Wagen mit wassergefüllten Kufen eintraf, erhielt 4 Pfund Pfennig, der Zweite musste sich mit 60 Pfennig zufriedengeben, der Vierte etwa mit zehn. Die Wiener Fuhrleute, die Wasser zur Brandstelle schaffen sollten, erhielten laut Feuerordnung von 1454 in der Reihenfolge ihres Eintreffens 100, 60 beziehungsweise 30 Pfennige.

Welcher Schelm aber nun glaubt, ein einträgliches Geschäft darin gefunden zu haben, alle Vorbereitungen zu treffen, die Tröge aufzuladen und zu füllen, und anschließend ein kleines Feuerchen zu legen, um dann gewisslich als Erster am Brandort einzutreffen und derart die Prämie dafür einzustreifen, der sei gewarnt: Die mittelalterlichen Kommunen kannten keine Nachsicht und Milde für enttarnte Brandstifter. So wurde 1456 in Wien jener Feuerteufel, der in der Neuenburgerstraße Feuer gelegt hatte, hingerichtet - und zwar folgerichtig durch Verbrennen!

Quelle: http://www.saelde-und-ere.at/Hauptseite/Wissen/Wissen.html#Stadt04

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