Seit über tausend Jahren wird das Zobelfell als Kostbarkeit gehandelt. Wie die Erschließung des amerikanischen Kontinents zum großen Teil wegen der Begehrlichkeit nach dem damals für die Hutfilzherstellung geschätzten Biberfells erfolgte, so wurde Sibirien durch die Jagd auf den Zobel und andere pelztragende Tiere für Bekleidungszwecke erobert. Besonders schöne Zobelfelle mussten von den Anwohnern als Tribut an die russische Krone abgeliefert werden. Diese Kronenzobel waren über Jahrhunderte ein beliebtes Geschenk der Zaren an ausländische Würdenträger. Noch heute ist der Zobel der am höchsten bewertete Pelz.
Das Fell des Zobels, russisch Sobol, ist meist als Russischer Zobel oder Sibirischer Zobel im Handel, zur Unterscheidung zum amerikanischen Zobel (siehe →Fichtenmarderfell) auch Echter Zobel genannt.[1]
Zobelfelle gelten schon seit über eintausend Jahren als ganz besondere Kostbarkeiten. Für das dritte bis zweite Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung bis ins dritte Jahrhundert nach Christi wird berichtet, dass Zobelfelle als „Skythischer Marder“ aus dem Skythenreich über das Schwarze Meer ausgeführt wurden. Die Eroberung Sibiriens ist nicht zuletzt durch den Wunsch auf den Besitz dieser wertvollen Felle zurückzuführen.[2]
Harald Hårfagre (* ca. 852; † 933), der erste König des größten Teils der Küste Norwegens ließ von seinen Hofleuten „Sofalaskind“, das sind Zobelfelle, zur Fütterung der Mäntel holen.[3] Um 1020 rüstete König Olaf von Norwegen Schiffe aus, die über die Nördliche Dwina in das Land der Permer zur Eröffnung des Pelzmarkts fuhren. Von dort brachten sie Feh-, Biber- und Zobelfelle mit. Pelze wurden nach Griechenland, Rom und in den Orient exportiert, im 11. bis 12. Jahrhundert waren sie in Byzanz ausgesprochen gefragt.[2] Mehr noch als den Zobel schätzten die arabischen Herrscher jedoch das möglichst schwarze Siberfuchsfell. Zobel verwendeten sie für Mützen, Pelzmäntel und Röcke.[4] Ibn Battuta ( (* 1304; † 1368 oder 1377) berichtet, dass in Indien ein Hermelinfell 1000 Dinare erzielte, Zobel dagegen schon für 400 oder weniger Dinare verkauft würden.[5]
Die Kaufleute Nowgorods bezogen bereits im 11. Jahrhundert Pelzwaren von den Völkern Westsibiriens. Erhebliche Mengen verkauften sie Ende des 14. Jahrhunderts an hansische Kaufleute. Überhaupt nahmen in der Hanse im Handel mit Russland die Rauchwaren den ersten Platz ein, wobei Feh, Marder, Hermelin und Zobel eine besondere Rolle spielten. Aber auch Köln war neben Mainz und Duisburg als Pelzmarkt bekannt, bereits im 10. Jahrhundert werden auf der dortigen Messe Pelzhändler erwähnt. Sie bezogen ihre Ware zum großen Teil über Italien. Der Kölner Markt wurde für seine feinen Pelzsorten gerühmt: Zobel, dunkle Marder- und Hermelinfelle und die daraus hergestellten Kürschnerwaren.[6] Die Arbeitsteilung bei den Kürschnern war bald schon so weit fortgeschritten, dass die edlen Fellarten nur noch von „Buntwerk- oder Grauwerkleuten“ verarbeitet werden durften, Namen die sich vom Pelz des sibirischen Eichhörnches ableiten.[7] Bereits im 12. Jahrhundert gab es in Köln Zobelkürschner.[8]
Anfang des 13. Jahrhunderts sagt Rudolf von Ems von einem reichen Kölner Bürger:
...mit zobel wol gezieret
der Mantel was furrieret...[9]
und an anderer Stelle:
mit minem guote ich kĕrte
hin über mer gĕn Riuzen (Russland]
ze Liflant und ze Prinzen
dā ich vil manegen zobel vant.[10]
Von den Mongolen berichtet Marco Polo: „Die Reichen unter diesem Volke kleiden sich in Gold und Seide, mit Zobel, Hermelin und den Pelzen anderer Tiere.“ Und an anderer Stelle sogar: „Die Zelte sind außen mit schwarz-weiß und rot-gestreiften Löwenhäuten (Anm.: gemeint sind Tigerfelle) bedeckt, daß weder Regen und Wind eindringen kann. Innen sind sie mit Hermelin- und Zobelfellen bedeckt, welche köstlicher sind als irgend ein anderes Pelzwerk, denn sie werden, wenn sie so groß sind, daß sie ein Kleid geben, und wenn sie keinen Fehler zeigen, zu zweitausend goldenen Byzantinen geschätzt, sind sie nicht ganz ohne Fehler, zu eintausend.“ „Von den Tartaren wird dieses Fell als König der Pelze bezeichnet. Das Tier, welches in ihrer Sprache „Rondes“ genannt wird, hat ungefähr die Größe eines Iltis. Mit diesen beiden Arten von Fellen sind die Hallen sowie die Schlafzimmer geschickt und geschmackvoll hergerichtet und abgedeckt.“[11]
Die besten Zobelfelle mussten als Jassak, als Tribut, von den in Sibirien unterworfenen Völkern dem Zaren abgeliefert werden, die dieser ausländischen Würdenträgern als „Kronenzobel“ zum Geschenk machte. So wurden um 1594 auch von Zar Boris Godunow an Kaiser Rudolf II. von Habsburg 40.360 Felle zur Unterstützung der Vorbereitung für einen Krieg mit der Türkei gesandt. Darunter befanden sich 120 Zobelfelle, die „so kostbar waren, dass niemand ihren Wert bestimmen konnte“.[12][2] Sultan Etiger zeigte seine Loyalität zum angrenzenden Russland, indem er sich verpflichtete, freiwillig neben andern Pelzarten auch jährlich tausend Zobelfelle nach Moskau zu schicken.[13]
Der russische Historiker Karamsin gibt an, dass im 16. Jahrhundert etwa 200 Tausend Zobel erbeutet wurden. Mitte des 17. Jahrhunderts wurden jedes Jahr allein über die Zollstation Obdorsk an der Mündung der Ob 70 Tausend Felle exportiert. Anfangs war es keine Seltenheit, dass ein Jäger aus einer Fangsaison mit immerhin über 100 Zobeln zurück kam.[2] Am Oberlauf der Olekma fing jeder Jäger durchschnittlich 280 Zobel pro Saison.[2]
Die Stroganows waren seit Generationen Pelzhändler, der erste der Familie war Spiridou, der 1395 starb. Ende des 16. Jahrhundert Jahrhundert unterwarfen sie mit Hilfe des Kosakenführers Jermak große Teile Sibiriens um dort gewaltsam, oft unter großen Grausamkeiten, den Pelzreichtum auszubeuten. Zu Beginn der Verhandlung ließ der Kosake dem Zaren neben 50 Biber- und 20 Schwarzfuchsfellen vor allem 2400 Zobel überreichen.[14] Die bisher von Sultan Etiger als Geschenk gesandten Zobel wurden nun in erhöhte Pelztribute für Zar Iwan IV. und die Stroganows umgewandelt. Die Stroganows finanzierten ihr späteres Monopol auf den russischen Salzhandel, für dessen Aufbau gewaltige Mittel benötigt wurden, in hervorragendem Maße mit dem Handel von Zobelfellen.[15]
Es war nicht ungewöhnlich, dass ein Einzelner zehn oder zwanzig oder sogar noch mehr Zobelfelle abzuliefern hatte. Die Anzahl der verlangten Felle war nicht überall gleich, sie hing vom dortigen Tierreichtum und vom Verhalten der Bevölkerung ab. In Gegenden, in denen der Raubbau schon sehr weit fortgeschritten war, war man schon sehr früh, beginnend im Jahr 1626, zur wahlweisen Möglichkeit der Ablösung des Jassaks durch Geld übergegangen.[16] Unter Katharina II. (Regierungszeit 1762-1796) wurden die ärgsten Übelstände abgeschafft. Bereits im ersten Jahr ihrer Herrschaft hob Katharina das Pelzhandelsmonopol der Zarenkrone auf.[17] Der Jassak musste nicht mehr von einzelnen Personen aufgebracht werden, sondern von einer Familie, dem Stamm oder dem ganzen Lager. Erst aber die Kaiserin Elisabeth (Regierungszeit 1741-1762) bemühte sich ernsthaft um den Schutz der meist brutal ausgebeuteten indigenen Bevölkerung, nachdem es immer wieder zu Aufständen gekommen war. Jetzt ließen die Unruhen nach, wenn auch immer noch Übergriffe, Ausplünderungen und Betrügereien vorkamen.
Lukrativ scheint auch der Handel auch für die europäischen Kaufleute gewesen zu sein, trotz der hohen Verluste, die sie oftmals auf dem Transport in ihre Länder hinnehmen mussten. So kaufte ein holländischer Kaufmann in Russland Zobelfelle für sechs Rubel ein, die er in Amsterdam für fünfzig Rubel wieder verkaufen konnte.[18] Wegen der großen Menge stand das Zobelfell allerdings in jener Zeit noch nicht in so hohem Kurs. Der russische Historiker Karamsin schreibt, dass im 16. Jahrhundert jährlich bis zu zwei Millionen Felle in den Handel kamen. Die ostsibirischen Kamtschadalen tauschten sechs Felle für ein Messer. Eine Axt kostete so viel Felle, wie in das für den Stiel vorgesehene Loch hinein gepresst werden konnten. Lange Zeit war es feststehender Handelsbrauch, dass der Käufer eines Kupferkessels als Kaufpreis den Kessel mit Zobelfellen füllte. Auf Grund des Preises war Zobel ein häufig getragener Pelz, insbesondere des Adels. Es wurden Bettdecken daraus gearbeitet, sogar die Toten wurden mit Zobelfellmützen bestattet.[19] [1]
Ein wesentlicher Handelspartner Russlands über die Jahrhunderte war China, die Lieferungen erfolgten über den Grenzort Kiachta. Eine Besonderheit war die Bewertung der Zobelfelle durch die Chinesen. Während schon im 15. Jahrhundert in Russland die dunklen Zobel einen höheren Wert darstellten, achteten die chinesischen Pelzhändler mehr auf andere Eigenschaften des Felles, wie Größe, Rauche und Haardichte. Sie waren aber gute Abnehmer für gute Qualitäten hellfarbiger Goldzobel aus Westsibirien, allerdings nur zur Hälfte des Preises für dunkle Zobel. Die dunkelsten und damit teuersten Felle gingen deshalb nicht nach Kiachta sondern nach Moskau und Petersburg und von dort weiter in die Türkei beziehungsweise nach Europa. Dazu ist zu bemerken, dass gerade die Herkunftsgebiete der dunklen Zobel in Daurien und am Amur näher bei China liegen.[20]
Fell-Tarife Friedrich August von Sachsen (1801): „Rauchwerck, das kostbar von Hermelin, Zobel- Marder Bären und Tiegerhäuten, Luchse, schwarze- blaue- weiße Creuz- Podolische- (Podolien, Gebiet in der südwestlichen Ukraine und im nordöstlichen Moldawien) und Griesfüche, weißer Wolf, weißer Hasen, Parangen („schwarze zarte Lammfelle“), Schmaßen (Lammfell-Schmaschen), Feh- Marderschwänze, Fischotter, englisch Kanin und dergleichen, á - Thl. - Gr. 9 Pf., gemeines Rauchwerck, á Thl. -. -. 6.“
Auf den großen Pelzmessen in Irbit wurden jährlich mehrere hunderttausend Zobelfelle angeboten. Infolge der schonungslosen Jagd gingen diese Mengen immer mehr zurück, von 1910 bis 1913 waren es nur noch 20 bis 25 Tausend Felle.[12] Die kaiserliche russische Regierung verbot deshalb die Zobeljagd vom 1. Februar 1912 bis zum 1. Oktober 1916.[12] Zu Beginn der 1920er Jahre wurden durch die Sowjetregierung Schonfristen und umfassende Schutzmaßnahmen, wie beispielsweise Zobelreservate, verfügt. Über einige Jahrzehnte war der Zobel praktisch vom Weltmarkt verschwunden.[21]
Im Oktober 1927 brachte die Hudson's Bay Company 3272 sibirische Zobel auf den Markt, im Januar darauf 1266 Stück. Im April 1928 waren es 401 Felle, die aber wegen des verlangten hohen Preises nicht verkauft wurden. Vom Auktionshaus Lampson & Co kamen im gleichen Jahr noch einmal 200 und von Fred. Huth & Co in London 550 Stück dazu. Das war kein Vergleich mehr zu den früheren Jahrhunderten und nur ein Bruchteil dessen, was der Markt aufgenommen hätte.[22]1951 wurden dann erstmalig nach dem Krieg in London wieder eine etwas größere Menge von 4500 Zobel angeboten. [23]
1931 wurde in der damaligen Sowjetunion mit der Farmzucht des Zobels begonnen, etwa 10 Tausend der Tiere wurden später ausgewildert. Mitte der 1960er Jahre hatte sich der Bestand soweit erholt, dass ein beliebiger Verwaltungsbezirk Sibiriens wieder 40 bis 50 Tausend Zobelfelle erbrachte.
Der damals sehr populäre Frankfurter Zoodirektor Bernhard Grzimek beschreibt 1963, nach dem Besuch einer russischen Zobelfarm in Puschkino, sehr plastisch die Situation Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts, wenngleich seine Angaben über die Anzahl der damals existierenden Zobelmäntel etwas untertrieben und über die Fellpreise etwas übertrieben scheinen. Trotzdem sind sie sicher nicht ganz falsch, bei der geringen Anzahl der anfallenden Felle war es sehr schwierig, ein sauberes Sortiment für einen Mantel zusammen zu sortieren, als Spitzenpreis für einzelne Exemplare ist auch der Fellpreis zumindest denkbar.
Meine liebe Mutter hatte einen Zobelmantel. Er war zwar schon reichlich alt und etwas ruppig, aber wenn sie ihn, Anfang der zwanziger Jahre , zum Ausbessern den Sommer über zum Einmotten brachte, dann sprach der Kürschner unwillkürlich vor Hochachtung etwas leiser. Diese russischen Pelztiere waren damals schon so selten geworden, dass sie fast als Sagentiere galten. Auch unlängst las ich erst irgendwo, daß es nur zwei Zobelmäntel auf der Welt gäbe. Einen davon habe Stalin der Kaiserin Soraya bei einem Staatsbesuch geschenkt; ein Zobelfellchen sollte acht- bis vierundzwanzigtausend Mark kosten.[24]