Wie kommt man auf die Idee, einen Charakter zu verkörpern, der im 14. Jahrhundert gelebt hat, und geht das überhaupt?
Ich denke, ja das kann funktionieren, wenn man einige Regeln beachtet und viel Recherche betreibt.
Was wir darstellen, mit unseren Kostümen und historischer Kleidung entspricht keiner 100%igen Authentizität. Das möchte ich gleich vorab klarstellen.
Unsere historische Kleidung entspricht den Bildvorlagen, die man in den Sachbüchern und Themenbereichen zum Mittelalter finden kann, oder in den Weiten des World Wide Web.
Aber Kleidung allein macht aus uns noch längst keine hanseatischen Pfeffersäcke, wie es sie wohl auch schon im 14. Jahrhundert gegeben haben mag. International handelnde Großkaufleute, die
aufgrund ihres Reichtum und der Weitläufigkeit der Handelsgeschäfte zu Ruhm und Ansehen brachten, in ihren Heimatstädten und auch dort zumeist im Rat der Stadt mitbestimmten, häufig zu ihren
eigenen Gunsten, was Recht und Ordnung war.
Aber das Sprichwort: Kleider machen Leute, das gilt natürlich heute wie vor 600 Jahren, als die Familie Pepersack in Hildesheim am Rad der Geschichte drehte.
Und auch heute ernten wir bewundernde Blicke, wenn wir bei Kostümführungen und anderen Mittelalter-Veranstaltungen in unseren selbst geschneiderten Roben durch die Stadt gehen.
Neben der Recherche zu der zeitgemäßen Mode im ausgehenden 14. Jahrhundert, einer Epoche, wo die Familie Pepersack auf dem Zenit ihrer Macht angekommen zu sein schien, informiere ich mich auch
über die Lebensweise der Kaufleute, die im Hansebund ihre Geschäfte tätigten.
Kaufmannsregeln, Maße und Gewichte und die Warenkunde.
Dabei muss man sich aber immer bewusst bleiben, dass Geschichte visuell darzustellen immer eine
Gradwanderung zwischen Illusion und Suggestion ist.
Die Familie Pepersack gehörte von dem Zeitpunkt ihrer ersten urkundlichen Erwähnung(1257) zum Stadtregiment. Das bedeutete sie gehörte zu den führenden Familien, die als "Consules" bezeichnet wurden, Ratgeber=> Ratsherren.
Als Kaufleute erwirtschafteten sie ihren Lebensunterhalt, den Gewinn, den sie aus dem Handel erwirtschafteten, investierten sie, wie es üblich war, in Grund und Boden. In Beteiligungen an
andere Handelsgesellschaften und reinvestierten in das eigene Geschäft.
Familien wie die Pepersack gehörten zur städtischen Oberschicht, die noble Gesellschaft aus Familien, die aus dem niederen Adel entstammten und in die Städte gezogen waren um von dort aus
erfolgreich ihre Macht auszuüben, aus den Fernhändlern, die aufgrund dem Fernhandel mit Luxusgütern aller Art, große Vermögen angesammelt haben.
Ganz zeitgerecht bildete die städtische Führungsschicht ein Patriziat aus den angesehenen und alteingesessenen Familien einer Stadt. Aufgeteilt in die verschiedenen Gilden, je nach Art des
Handels, waren sie organisiert in den verschiedenen Gilden der Krämer, Gewandschneider oder Schneider, usw.und den vielen Bruderschaften.
Die Gewandschneidergilde bildete die exklusivste Vereinigung, hier waren all jene männlichen Familienmitglieder tätig, die
den Handel mit auswärtigen Tuchen ausübten.
Mitglied in dieser Gilde zu sein, ermöglichte den direkten Zugang zu den begehrten Positionen im Rat der Stadt Hildesheim. Die Mitglieder der Gewandschneider bildeten auch untereinander ein
soziales Netzwerk für Handelskontakte, aber auch für die Fürsorge und finanzieller Absicherung bei Notfällen.
Wer hier Mitglied war, hatte es in aller Regel geschafft! Die Mitglieder profitierten von den weit umspannenden internationalen Kontakten in die Führungsschicht anderer Hansestädte, in andere
weit entfernt gelegene Städte wie Reval, Nowgorod, Brügge oder Paris und Venedig.
Großkaufleute wie es die Mitglieder der Familie Pepersack waren, handelten aber nicht nur mit Tuch alleine, auch wenn wahrscheinlich der Tuchhandel mit Tuchen aller Art den Großteil der Einnahmen
ausgemacht haben wird. Es ist aber auch belegt das die Familie im Getreidehandel involviert war.
Großkaufleute in dieser Epoche handelten mit allem was Profit versprach; Geschirr, Kupferkessel, Heringe, Tuche, Gewürze(Spezereien), Waffen, Rüstungen, Wachs, Pelzen, Bier, uvm...!
Durch die hohen Einkünfte aus dem Handel war es ihnen möglich Angestellte zu beschäftigen, die als Schreiber, Botengänger und als Verwalter in ihrem Geschäft und den Handelsniederlassungen oder
auf den Höfen in ihrem Auftrag die Geschäfte kontrollierten und abwickelten. Auch war es durchaus üblich die eigenen Söhne, sobald sie die schulische Bildung(i.d.R. 6 Jahre) absolviert hatten
anschließend im eigenen Geschäft auszubilden(+6 Jahre) und als Gesellen dann zu den befreundeten Geschäftspartnern im Ausland zu schicken, wo diese ihre weitere Ausbildung(Sprache, Kultur,
Handelsbräuche) erhielten.
Wenn die Söhne ihre Ausbildung im eigenen Geschäft erfolgreich bestanden haben, und ihre Gesellenjahre hinter sich gebracht haben, durften sie, je nach Stadt&Recht, die ersten Geschäfte auch
im eigenen Namen als Beteiligte an Handelsgesellschaften der Familie abschließen. Oder sich selbstständig mit anderen befreundeten Geschäftspartnern im Handel beweisen.
Im Mittelalter war das knüpfen von freundschaftlichen und geschäftlichen Verbindungen enorm wichtig, das mittelalterliche Networking bestimmte den späteren Erfolg.
Zumal im Mittelalter natürlich Werkzeuge wie das Internet und moderne Kommunikationsmittel noch nicht existierten. So war man als Kaufmann, mit einem internationalen Radius auf vielerlei an
Kontakten dringend angewiesen, um die neusten und aktuellsten Nachrichten über Preisverfall und Preissteigerungen einer Ware auf den internationalen Märkten zu erfahren.
Einkaufen zum günstigsten Preis und verkaufen zum besten Preis bildete die Grundlage allen erfolgreichen Handelns, ganz gleich ob in Lübeck, Köln oder Hildesheim!
: Worauf Sie sich verlassen können
Der hanseatische Kaufmann gilt als Gegenmodell zum Finanzmarktzocker. Zu Recht?
Die Familie Pepersack wurde 1257 das erste Mal urkundlich erwähnt, und dort war schon von einem Ratsherren Johannes Pepersack die Rede!
Man darf also darf von ausgehen, das diese Familie schon vor 1257 erfolgreich im Handel tätig gewesen ist und bis dahin alles unternommen hat, um in den Rat der Stadt gewählt zu werden, um dort
mitzubestimmen darüber was Recht und Ordnung sein sollte.
Aber bestimmt auch, um für sich und die ihren ein großes Stück vom zu verteilenden Kuchen abzubekommen.
Während die einfachen Bürger und Handwerker lange Tage voll von schwerer körperlicher Arbeit und Abgaben abzuleisten hatten, leistete sich die städtische Oberschicht, bestehend aus den bischöflichen Ministerialen und den wohlhabenden Fernkaufleuten einen Lebenswandel,
der mit Luxus und angenehmen Tätigkeiten oftmals verbunden war.
Die Familie Pepersack gehörte, wie viele Vertreter ihrer Zunft bereits zu den sesshaften Kaufleuten, die vom heimischen Hof/Haus ihre Geschäfte zu führen wussten.
Sie delegierten die Geld- und Warenströme, konnten lesen und schreiben, und nutzten die aus Italien über die Alpen gebrachten neusten Entwicklungen der doppelten Buchführung, der arabischen
Ziffern, und Finanzgeschäfte. Sie beschäftigten Helfer und Angestellte, die in der Schreibstube Verträge ausfertigten und die Zahlenkolonnen zu Papier brachten.
Sie reisten nicht mehr mit der Ware selbst zu den Messen und (Jahr)Märkten, aber sie ließen es sich nicht nehmen, zu wichtigen Geschäftsabschlüssen persönlich vor Ort zu sein, um neue lukrative
Geschäftsbeziehungen zu gründen und zu pflegen.
Aus den Urkunden und Sachbüchern kann man entnehmen, das die Familie Pepersack Mitglied in der vornehmsten Gilde in Hildesheim gewesen ist, der Gewandschneider-Gilde. So besaßen sie das Recht mit auswärtigen Tuchen handeln zu dürfen, der Wolle aus England, oder das
gewebte Leinen und Wolle aus Flandern. Brokate und Seide aus Italien, Baumwolle aus Aleppo und Damaskus. Gewürze aus dem Orient, Glaswaren aus Oberdeutschland, Wachs und Pelze aus dem fernen
Osten oder dem Hering aus der Ostsee.
Alles was Profit versprach wurde gehandelt.
Vor Ort engagierte sich die Familie auch im größeren Stil im Getreidehandel.
Und eine rege Geschäftstätigkeit auf der Frankfurter Messe kann man auch nachweisen.
Wie diese Familie zu ihrem Namen kam ist nicht belegt, oder noch nicht entdeckt, aber man darf schon vermuten, das der einen oder andere Sack des kostbaren Pfeffer dabei eine wesentliche Rolle
gespielt haben dürfte.
Zumindest trägt diese Familie, diesen Namen Pepersack als Familiennamen und wird nicht nur als ein solcher spöttisch bezeichnet von den Zeitgenossen.
Eine Familie, die als Kaufleute, Geistliche, und Ratsherren sowie Bürgermeister
gewirkt haben, übte auf mich eine große Anziehungskraft aus, als es darum ging, unsere Charaktere für unser Mittelalter-Hobby zu wählen.
So können wir Glanz und Reichtum darstellen, uns in feinste Tuche hüllen und bei unserer Wissensvermittlung mit Gewürzen, Tuchen und vielen anderen Waren die Besucher informieren.