Der Frühkapitalismus, als Übergang von einer überwiegenden Naturalwirtschaft zu einer überwiegenden Geldwirtschaft verstanden, vollzog sich allmählich, und zwar beginnend im 8. Jh. (vgl. Karolingik), etwas deutlicher in der Zeit der Kreuzzüge (1096 bis 1270), griff von Mittel- und Oberitalien über Süd- und Nordwestdeutschland (Niederlande) sowie Frankreich auf das ganze Abendland über, bis er am Ende der Gotik endgültig im Kapitalismus angekommen war.
Bereits im 12. Jh. hatten sich die Zünfte gebildet. Die Zunft (AHD: was sich fügt, MHD: Ordnung) als ordnender Verband von Handwerkern, Handeltreibenden u.a. Gruppen, diente dem Zweck, den Mitgliedern die Ausübung des gemeinsamen Gewerbes zu ermöglichen und die wirtschaftlichen Verhältnisse zu regeln. Es ging hier also primär um Kontrolle, Planung und Lenkung der gewerblichen Produktion (Qualität, Preis, Absatz, verdienst usw.) sowie um Ausbildung, Beschäftigung und Sozialfürsorge der Handwerker und Handelnden.
Die Entwicklung der Zünfte erfolgte in engem Zusammenhang mit der Entwicklung der Städte, in denen sie mehr und mehr auch politische Funktionen übernahmen. In Zunftkämpfen mit dem Patriziat
(14./15. Jh.) gewannen sie häufig Anteil am Stadtregiment. Der Lehnsstaat verlor seine Bedeutung mit der Verdrängung der Ritterheere durch die Söldnerheere und dem Eindringen der Bürgerlichen in
die Verwaltung. Verfassungsrechtlich blieb der Lehnsstaat in einigen Gebieten des Abendlandes noch lange bestehen, doch die Lehen wurden in volleigenen Besitz des ehemaligen Lehnsmannes
umgewandelt. Als Ausdruck einer gewandelten Gesinnung setzte die neue Erwerbswirtschaft kalkulierendes Profitdenken frei. Nicht Herkommen und Stand, sondern Talent und Können wurden entscheidend
für die „Geldaristokratie“.
Handelsgesellschaft (im 15 und 16.Jh.)
Zur Erweiterung des Fernhandels gründeten Großkaufmänner private Handelsgesellschaften mit Kapitalbeteiligung zur Finanzierung des Warentransports (Schiffsbau) und auswärtiger Kontore
(Faktoreien) - so z.B. geschehen in der Ravensburger HG (1380-1530). Der Großkaufmann leitete das Unternehmen mit Hilfe neuer Bilanz- und Verrechnungsverfahren (vgl. auch: „Doppelte Buchführung“)
und gewährte Kredite. Kirchliche Zinsverbote (Wucher) wurden von der Kirche selbst durch das Rentensystem umgangen (!). Zur ersten europäischen Finanzmacht geworden, schaltete sie zur Sicherung
kirchlicher Abgaben Großkaufleute, z.B. auch den Templerorden, ein, die für ihre Vorschüsse Renten (Privilegien) zur Nutzung erhielten. Die weltlichen Fürsten ahmten diese Entwicklung natürlich
nach; sie verpachteten Zölle, Münz-, Markt-, Berg- oder Bodenrechte.
Bankplätze entstanden in Genua, Florenz (Bardi, Strozzi), Augsburg (Welser) und Antwerpen. Der Kaufmannsbankier baute eigene Exportgewerbe auf, die nach dem Verlagssystem produzierten (z.B. in Textil- und Metallverarbeitung). Der Verleger stellte bezahlten Heimarbeitern Rohstoffe und Geräte, vertrieb aber die Fertigwaren selbst. Großkapitalisten strebten schon damals nach Monopolen und politischen Einfluß, so etwa durch Regie eines Wirtschaftszweiges (z.B. Bergbau), des Export- oder Kredithandels, wobei der Staat häufig der Konkurrent war, der seinerseits Monopole als Hoheitsrecht beanspruchte.
Seit dem 13. Jahrhundert in Augsburg als Patriziergeschlecht nachweisbar, stiegen die Welser unter Anton d.Ä. (1451-1518) empor zu einer der größten europäischen Handelsgesellschaft und waren
nicht nur im europäischen Großhandel und Asienhandel tätig, sondern auch an einer portugiesischen Indienflotte beteiligt (1505/06). Die Welser faßten in ihrem Unternehmen für damalige
Verhältnisse riesige Kapitalien zusammen. Anton d.J. (1486-1557) begründete 1525 den Handel mit Spanisch-Amerika (Zuckerplantagen auf Hispaniola). Venezuela wurde 1527 an die Welser verpfändet,
und in der ersten deutschen Kolonie erforschte der Handelsbeauftragte, Generalkapitän und „Konquistador“ Nikolaus Federmann (1505-1542) im Dienste der Welser den Orinoko und zog eigenmächtig in
die Hochfläche des Chibcha-Reiches, wo er mit seinen spanischen Rivalen das heutige Bogotá gründete. ( ). Die Unternehmungen der dortigen welserischen Statthalter und Generalkapitäne A.
Dalfinger, N. Federmann, G. Hohermuth und P. von Hutten scheiterten 1546 bzw. 1556 am Neid und an der Fremdenfeindlichkeit Spaniens.
Die Fugger in Augsburg stiegen im 15. Jahrhundert - als kleinbäuerliche Weberfamilie - durch Handel und Geldgeschäfte auf zu einer Handelsgesellschaft mit Weltgeltung. Sie zählten seit 1511 zum
deutschen Reichsadel; seit 1514 waren sie Reichsgrafen. Die noch heute bestehende Linie der „Fugger von der Lilie“ wurde begründet von Jakob Fugger d.Ä. (um 1400 -1469). Jakob Fugger d.J.
(1459-1525), auch „der Reiche“ genannt, war Bankier der Habsburger und Päpste; er finanzierte die Kaiserwahl und die Kriege des deutschen Kaisers Karl V., kontrollierte die europäische Blei-,
Siber- und Kupferproduktion und erwarb das Quecksilber-Monopol. Anton Fugger (1493-1560), der die Leitung des Unternehmens 1525 übernahm, besaß Handelskonzessionen u.a. in Chile, Peru, Moskau.
Anton gewährte auch Philipp II. Kredite. Er hinterließ 6 Mio. Goldkronen und einen sehr beträchtlichen Landbesitz.
Arte/ZDF/WDR -- Film von Werner Köhne (2011) - Der erste Teil erzählt den Aufstieg der Fugger, die sich von einem kleinen Weberunternehmen in Augsburg zu einem europaweiten, zuletzt
weltumspannenden Unternehmen entwickelten. Nachhaltige Unternehmensführung, Investment-Banking, globale Vernetzung, Monopolbildung, Lobbyismus und Sponsoring sind Schlagworte, die das moderne
Wirtschaftssystem kennzeichnen. Doch das alles ist nicht plötzlich vom Himmel gefallen, es gibt eine Vorgeschichte.
Eine - wenn nicht die entscheidende - Spur führt 500 Jahre zurück nach Augsburg. Dort sind zur damaligen Zeit die Fugger die erfolgreichsten Unternehmer und Bankiers im Heiligen Römischen Reich
Deutscher Nation. Sie geben Kaisern Kredite und finanzieren Päpste, sind aber auch in die großen religiösen Auseinandersetzungen der Reformationszeit verstrickt. Gleichzeitig treten sie als
Sponsoren auf und schaffen die erste soziale Arbeitersiedlung der Welt, die noch heute existierende Fuggerei in Augsburg.
Vor allem zwei Fugger stechen hervor: Jakob, genannt der Reiche, ein Finanz- und Unternehmergenie, und sein Neffe Anton, dessen Geschäfte bis nach Südamerika reichen. Fleiß, Askese und
Korrektheit zügeln ihre ausufernde Unternehmerphantasie, kaltes Kalkül ihre Machtgelüste. Leben und Liebe indes bleiben ihr streng gehütetes privates Geheimnis. Die zweiteilige Dokumentation
verfolgt mit eingestreuten Spielszenen des Ensembles "Theater Augsburg" den Lebensweg der zwei herausragenden Repräsentanten