Der Handel während der Kreuzzüge
Die beginnenden Kreuzfahrten trafen mit diesen Bestrebungen zusammen.
Die Donaustädte gewannen gleich beim Beginne derselben; die Flussschifffahrt steigerte sich, die Donau war mit Schiffen bedeckt, die nicht im Stande waren, die Massen der Kreuzfahrer weiter zu
befördern.
Regensburg wurde um diese Zeit, allmählich die am meisten bevölkerte und wichtigste Stadt Deutschlands. Von hier aus unternahm Konrad III. seinen Kreuzzug (1147), und später Heinrich der Lowe
seine Wallfahrt nach Jerusalem,
1172. Regensburg vermittelte den Verkehr zwischen dem Osten und Westen, dem Süden und Norden. Die Blüte dieser Verkehrstätigkeit ist jedoch in eine spätere Zeit zu setzen.
Der Warenzug vom Norden nach Süden ging von Kiew und Danzig bis nach Venedig.
Trentschin an der Oberwaag war ein Hauptruhepunkt; hier liefen drei Straßen zusammen, aus Preußen, Polen und seit dem 12. Jahrhundert aus Russland; letztere ging wahrscheinlich über Lemberg an
die Donau.
Regensburger hatten in Kiew Handelshäuser und bezogen auch den von weit und breit besuchten Markt daselbst. Auch den Handel nach Italien vermittelten die Regensburger *).
Am Ende des 10. Jahrhunderts waren die nach Italien führenden Straßen schon von zahlreichen deutschen Kaufleuten besucht Der Handelsweg ging anfangs über Aquileja, welches durch seine
Safranmärkte berühmt war. Im 12. Jahrhundert scheint auch nach dem Westen ein lebhafter Verkehr stattgefunden zu haben, der sich vielleicht einerseits bis an den Oberrhein und Straßburg
ausdehnte, andererseits über Frankfurt an den Niederrhein ging.
Neben Regensburg steht Wien, durch die babenbergischen Herzöge unterstützt, unter den Donaustädten obenan, welches bald mit jenem wetteiferte. Auch Haimburg und Enns, damals zu Steiermark
gehörig, besaßen eine Zeit lang selbstständigen Handelsbetrieb. Haimburg wurde von Wien gänzlich überflügelt; der Ostermarkt zu Enns war von vielen Kaufleuten aus Ungarn, Böhmen, Polen, Russland
und fast allen deutschen Gebieten besucht.
Die Handelsgegenstände waren Getreide, Holzwaren, Obst, Wein, Metalle, Schlachtvieh, Seidenzeuge, Gewürze u. a. m. Seit Wien die bleibende Hofstadt der babenbergischen Herzöge geworden war, wurde
es für den Landhandel durch die Ausbeutung seiner für denselben günstigen Lage von hervorragender Bedeutung;
Regensburg wurde allmählich verdrängt. Das älteste Stadtrecht Wiens, von Leopold dem Glorreichen 1198 erteilt, enthält einige Verordnungen, welche auf die Hebung des Verkehrs günstig wirkten.
Eine Behörde von 24 Bürgern sollte den Handelsverkehr beaufsichtigen, eine andere von 100 Männern „aus allen Gassen, wo die Verständigern wohnten," wurde eingesetzt.
Zwei aus ihrer Mitte sollten zugegen sein, wenn etwas verkauft, verpfändet oder verschenkt wurde. Der Gebrauch falscher Maße, Gewichte und Ellen wurde bei Geldstrafe verboten. Der wichtige
Grenzort Enns erhielt 1212 ein Stadtrecht. Der Monopoliengeist der Bewohner Österreichs rief einige den Verkehr mit Fremden hemmende Beschränkungen hervor.
Bei Strafe von zwei Mark Gold war es fremden Kaufleuten „Schwaben" — wie alle Deutschen jenseits Passau und Regensburg genannt wurden, — verboten über Wien hinaus ihre Waren zu verführen. Auch
durften sie sich nur zwei Monate in Wien aufhalten und ihre Waren nur Wiener Bürgern verkaufen. Der Kauf von Gold und Silber wurde verboten.
Der günstigen Lage hatte es Wien zu danken, dass der Handel einen fortwährenden Zuwachs erhielt und der Wohlstand immer mehr zunahm. Jedoch bildeten „gemäß den bürgerlichen und polizeilichen
Satzungen, weichliche, üppige Sitten, nicht ohne stolzes Selbstgefühl auf ein in Hülle und Fülle ausschießendes Leben; Sorglosigkeit, sinnlich derbe Genusssucht .... den hervorstechenden
Charakter des frühesten mittelalterlichen Wiens"*).
') In Regensburg war freilich der Bischof ein Anhänger des Kaisers. *
*) Ueber den deutsch-italienischen Verkehr: Erdmannsdorf er, De commercio quod in ter Venetos et Germaniae civitates medio aero intercessit. Leipzig 1858; über Regensburgs Thfitigkeit S. 11. Vgl.
Hüllmann, Städtewesen I. S. 347.
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